Entweder du arbeitest oder du hast Spaß, richtig? Neulich, als ich einen Topmanager dafür bewunderte, was er bei der Arbeit so alles stemmt, schaute er verdutzt und sagte: „Stimmt, das ist grad viel – aber das fasse ich nicht als Arbeit auf. Der Beruf, an dem du Freude hast, ist genau jener, bei dem du das Gefühl hast, gar nicht arbeiten zu müssen.“
So nach dem Motto: Das ist doch keine Arbeit! Das macht Spaß! Wie kann das sein?
Der erwähnte Manager ist Bereichsleiter – wie 28 seiner Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen auch. 25 von denen sagen was ganz anderes! Die laufen immer ganz angestrengt (hochdeutsch für: gestresst) durchs Unternehmen und haben nie Zeit für ein paar Worte mit den Mitarbeitern oder für das strategisch Wichtige. Die gehen zum Lachen in den Keller, total humorbefreit, mit restriktivem Privatleben. Die haben keinen Spaß im Job. Was macht der eine Bereichsleiter anders? Und könntest du das auch?
Das erste, was auffällt: Jene beneidenswerten Menschen, die Spaß an der Arbeit haben, warten nicht darauf. Sie wissen: Freude an der Arbeit kommt nicht von alleine. Natürlich gibt es stressige und lockere Zeiten im Betrieb (und in der Familie). Doch wer in stressigen Zeiten nicht bloß warten möchte, bis der Spaß zurückkommt, kümmert sich selber drum. Wer sollte es sonst für dich tun?
Der erwähnte Bereichsleiter zum Beispiel treibt Sport. Wie wir alle. Unterschied: Er geht morgens vor der Arbeit von sieben bis halb acht ins Studio. Dann kommt er schon gut gelaunt, hellwach und voll aktiviert zur Arbeit. Das befreit, das beflügelt für die Arbeit, das merken auch seine Mitarbeiter, die daraufhin besser arbeiten, was er dann wieder merkt, was wiederum seine Stimmung steigert – eine Aufwärtsspirale mit Langzeiteffekt.
Denn seine Mitarbeiter haben sich einiges vom Chef abgeguckt. Seine Assistentin zum Beispiel. Sie legt morgens nicht sofort mit der Arbeit los, sondern sortiert die ersten zehn Minuten erst mal die Agenda vom Tage, aktualisiert ihre Prioritätenliste. Das entstresst, erhöht die Übersicht und hebt die Selbstwirksamkeitsüberzeugung (wie die Psychologen sagen). Außerdem schaut sie im Laufe des Tages bei Projektgruppen und in Meetings rein, die nicht unbedingt Prio 1 haben, die ihr aber am Herzen liegen und einfach mehr Spaß machen als „das Übliche“. Sie gönnt sich diese 10-Minuten-Intervalle, weil sie Spaß machen und die Laune oben halten. Mood Management, sozusagen.
Sie ist nicht Opfer ihrer Stimmungen, sie ist Schöpferin derselben. Die Arbeit macht ihr Spaß, weil sie den Spaß macht. Das war nicht immer so. Nach ihrer Probezeit gestand sie im Mitarbeitergespräch ihrem Chef: „Der Job ist nicht so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte.“ Ihr Chef lachte und sagte: „Meiner auch nicht – und keiner, den ich kenne. Kein Job ist jemals so wie Sie und ich ihn gedacht haben. Jeder Job ist immer nur so, wie Sie und ich ihn uns gemacht haben. Was nicht passt, wird passend gemacht. Ich finde, das ist ein großer Trost und eine super Chance: Es liegt in unserer Hand. Was würden Sie denn gern ändern? Ich helfe Ihnen dabei.“ Das macht Laune. War das neu für dich?
Sicher nicht. Wir alle wissen im Prinzip, wie uns der Job (die Partnerschaft, die Familie, Kinder, Verein …) mehr Spaß machen könnte. Warum macht das alles dann deutlich weniger Freude als es könnte, sollte und müsste? Weil wir eine eingebaute Spaß-Bremse haben. Kulturell bedingt. Unsere Kultur und unser Umfeld suggerieren uns: Job ist Job und Schnaps ist Schnaps! Work hard! Wer nicht richtig hart arbeitet, hat nicht richtig was geleistet. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Das suggeriert uns die Kultur. Das ist nicht die Frage. Die Frage ist: Willst du das wirklich? Ist es das, was dir guttut?
Natürlich nicht. Aber, und das sagen mir viele Coachees: „Wenn du im Job Spaß hast, dann bist du voll der Exot!“ Dann gehörst du nicht „dazu“ – und das empfinden viele als bitter. Der Mensch ist von Natur aus ein Lemming und fühlt sich unwohl außerhalb der Herde – auch wenn die sich gerade von der Klippe stürzt. Ich möchte das wirklich niemandem nehmen, ehrlich. Aber genauso ehrlich freue ich mich in meiner Praxis über jeden und jede, die mit dem Satz reinkommen: „Ich will das nicht länger! Ich will endlich das tun, was mir guttut.“ Das kannst du haben. Viele wollen das nicht glauben.
Sie sagen: „Aber wie soll mir dieser Job denn Freude machen?“ Das hat fast nichts mit der Job-Wahl zu tun und fast alles mit der inneren Einstellung. Der erwähnte Bereichsleiter geht morgens eine halbe Stunde ins Studio – bei jedem Job. Seine Assistentin macht die ersten zehn Minuten des Tages ihre Prioritäten – egal in welchem Job. Sie schaffte das nicht auf Anhieb.
Sie schaffte die acht, zehn „Spaß-Punkte“ pro Tag nicht aus dem Stand. Das schafft niemand. Spaß ist wie Tennis: Die Übung macht’s. Sie probierte das jeden Tag aufs Neue und kam jeden Tag ein Stückchen weiter. Sie hatte einen guten Trainer: ihren Chef. Andere haben Kolleginnen, familiäre Unterstützung oder einen externen Coach als Trainingspartner. Training is the breakfast of champions.
Freude an der Arbeit ist keine Frage der Arbeit. Es ist eine Frage der Einstellung, des Willens und der Übung. Und eine Frage der Menschenrechte: Jeder Mensch hat ein Recht auf Arbeit (Familie, Freunde …), die ihm Spaß macht. Auch du.