Wenn du grad echt supergut drauf bist, solltest du diesen Blog auf ein andermal verschieben. Denn jetzt kümmere ich mich um dich, wenn es dir mies geht, wenn du total gestresst bist, dein Job, deine Ehe, deine Beziehung, das Wohl deiner Kinder bedroht oder gefährdet ist, wenn du vor Wut die ganze Welt zerschlagen könntest, wenn dein Chef spinnt, die Kollegen mobben, die Kunden Druck machen und du das alles nicht mehr schaffst, packst, wuppst, kein Ende siehst, keine Lösung, keinen Ausweg. Mindestens einmal die Woche rücke ich zu solchen Löscheinsätzen aus. Deshalb hier und heute: dein eigener Feuerlöscher. Am konkreten Beispiel.
Neulich brannte es in einem Unternehmen, das derzeit aus fünf Sparten zwei macht. Damit das Unternehmen überleben kann. Das wissen auch alle und akzeptieren alle. Aber keiner weiß so recht, wie das konkret gehen soll. Wer noch seinen Job behält. Wie die ganzen Maßnahmen, die bereits laufen, überhaupt funktionieren sollen. Das verunsichert immens.
Und wer verunsichert ist, hängt sich nicht voll rein. Deshalb ging der ganze Wandel nur schleppend vorn. Deshalb wurde ich gerufen. In eine Situation, die viele als aussichtslos empfanden und das auch so ausdrückten: „Wie sollen wir das alles bloß hinkriegen? Wir sehen kein Land, das funktioniert alles nicht, die Erwartungen sind irre hoch und wir können sie nicht erfüllen und die Zeit läuft uns davon!“ Kennst du?
Ja. Ein normaler Mensch, wenn er ehrlich ist, befindet sich zweimal die Woche in solchen Lagen, in denen man nur noch fühlt: Das packe ich nicht, das ist alles zu viel, das krieg ich nicht hin! Und was machen wir dann?
Wir fragen uns: Wo könnte die Lösung sein? Was könnte ich noch versuchen? Wo hängt es? Was habe ich falsch gemacht? Wie schaffen das andere? Warum passiert das immer mir? Das sind gute Fragen – doch genau sie halten uns in der Schleife fest.
Im Amerikanischen gibt es ein Sprichwort: If you find yourself in a hole – stop digging! Wenn du dich in einem Loch wiederfindest – hör auf zu graben! Wer blockiert ist, gräbt sich mit Denken ein. Blockaden sind immer Denkblockaden. Viele denken: Das Problem, die Aufgabe, die Überforderung ist das Problem! Und weil man das denkt, übersieht man: Das Denken ist das Problem. Nach einer Stunde beim Feuerlöscheinsatz merkten das alle in dem bedrängten Unternehmen, zu dem ich gerufen wurde. Einige sagten das auch: „Wir reden hier seit einer Stunde im Kreis – wie schon die Wochen zuvor! Und kommen nicht weiter!“ Der anwesende Vorgesetzte formulierte es härter: „Wir diskutieren seit Wochen viel, aber bewegen wenig.“ Weil fast nur noch gedacht und geredet wurde, passierte (außer beim Operativen natürlich) nicht mehr viel: Das Unternehmen hatte das Unternehmen verlernt. Und das lernt man nicht wieder, indem man noch angestrengter nachdenkt.
Also sagte ich: „Wenn ihr mit der Nachbarsparte zusammengelegt werdet, dann solltet ihr auch eure Kaffeeküchen zusammenlegen. Raum ist vorhanden – also fangt schon mal damit an. Die nächsten 45 Minuten.“ Einige schauten mich seltsam an, aber alle machten mit. Weil alle froh waren, nach einer Stunde Jammerzirkel und geistigem Stillstand endlich wieder etwas bewegen zu können. Also packten alle mit an. Und dann passierte, was immer passiert, wenn die Leute zu graben aufhören: Sie kommen raus aus dem Loch.
Noch während der Kaffeeküchen-Aktion kamen Vorschläge wie: „Wenn wir das mit der Kaffeeküche so und so machen, könnten wir vielleicht auch bei der Spartenfusion Folgendes machen: …“
Wenn du in einer Blockade steckst, wenn die Welt dir nicht geben möchte, was du brauchst, dann denk nicht: Alles Scheiße, deine Emma. Denk überhaupt nicht. Mach einfach was. Irgendwas Kleines, sofort Erledigbares, was sichtbar und greifbar ist.
Eine Bewerberin, die schon 30 Bewerbungen erfolglos abgeschickt hatte und ein Wochenende in tiefschwarzen Gedanken „Mich will keiner! Was soll ich denn noch machen?“ verbracht hatte, an dessen Ende sie die Situation für aussichtslos erklärte, hörte am Montag mit dem Denken auf und machte was. Sie ging zum Fotografen und ließ sich neue Bewerbungsbilder machen. Die kann man immer brauchen. Und indem sie im wörtlichen Sinne in die Stadt rauskam, kam sie auch aus der depressiven Denkblockade raus. Nicht durch Denken, sondern durch Handeln.
Wir denken oft und gerne und denken, dass das, was wir denken das bestimmt, was wir tun. Das stimmt. Ganz oft. Ganz oft stimmt jedoch auch das Gegenteil – das wir häufig übersehen: Was wir machen, bestimmt unser Denken. Und wenn wir zu lange nichts Brauchbares machen, denken wir auch nichts Brauchbares mehr. William James, der Begründer der modernen Psychologie, wusste das schon 1880. Auf ihn geht das Act-as-if-Prinzip zurück: Denk nicht – tu einfach so als ob du schon hättest, was du gerne wärst und durch das Tun stellt sich das Gewünschte ein. Richard Wiseman hat dieses Prinzip in „Machen, nicht denken!“ (Fischer Taschenbuch) vertieft.
Selbst Joggen, Spazierengehen, Hanteln stemmen, Backen, Kochen oder Putzen (nicht TV gucken) haben Menschen schon geholfen, aus der Blockade rauszukommen: Hauptsache, man macht was und hört mit denken auf. Wir alle sind viel zu sehr von Descartes‘ Prinzip beeinflusst: Ich denke, also bin ich. Das mag ja sein, aber das bringt einen nicht weiter. Vor allem dann nicht, wenn man sich in den eigenen Gedanken vergraben hat. Machen schlägt Denken immer dann, wenn Denken nicht weiterhilft. Mach was. Irgendwas. Und du machst dir die Welt, wie sie dir gefällt.