Wir sind stolz auf „Made in Germany“. Das bedeutet für uns: Top-Qualität, tolle Produkte, herausragende Innovationen. Das Problem dabei ist – Moment mal, das ist ja der Knüller: Top-Qualität soll ein Problem haben?
Ja, ein massives. Seit der Digitalisierung. Zum Beispiel: Alexa von Amazon. Die kam, grob gesagt, in der Beta-Version auf den Markt. Sie konnte nicht viel. Kein typisch deutscher Ingenieur (das ist jetzt eine stereotype Überzeichnung) hätte „so etwas Unausgegorenes, Halbgares, Unfertiges“ seinen Kunden zugemutet. Warum tat es Amazon?
Weil Amazon weiß: Für den Ingenieur ist Top-Qualität entscheidend. Für Millionen Kunden nicht. Die wollen einfach das hippe neue Gadget ausprobieren. Asap – so schnell wie möglich. Für viele technisch Begabte völlig unvorstellbar, aber: Es gibt viele Menschen, denen Status, Novität und der Gag-Effekt wichtiger sind als Nullfehlertoleranz-Qualität. Wäre Amazon mit der halbgaren Alexa nicht in den Markt gegangen und hätte stattdessen auf eine Top-Qualität-Alexa gewartet, hätten die Konkurrenten zugeschlagen. Dann hätte es auch wenig genutzt, wenn Amazon später die Top-Qualität-Alexa gebracht hätte: Viele Kunden bleiben einer Marke treu, wenn sie sich einmal entschieden haben. Qualität ist wichtig, aber gerade bei wirklich neuen Innovationen nicht entscheidend. Novität ist auch ein Faktor. Oder Status. Oder Angeberei unter Freunden.
Ein Ingenieur sagte dazu: „Wir sträuben uns dagegen, 80%-Qualität an den Markt zu bringen – die meisten Kunden nicht. Die wissen ja meist noch nicht einmal, dass das 80 Prozent sind. Die freuen sich über das neue Produkt, die App, die Software, den Service. Die freuen sich und kaufen. Und wir können hinterher ja immer noch locker auf 100 Prozent aufstocken. Per Upgrade oder Update. Auch über das Upgrade freuen sich die Kunden. Also warum sollten wir verhindern, dass die Kunden sich gleich zweimal freuen?“ So geht das in der Digitalen Revolution.
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