Change

Freude am Neuen


Ein großer Konzern startet das 14. Change-Projekt der letzten Jahre und alle Führungskräfte kommen wieder zusammen, um den Change zu besprechen. Alle? Schon wieder? Noch beim 14. Mal?

Man sollte meinen, dass jemand nach 14 Versuchen den Bogen raushat. Dass man den Wandel in 14 Versuchen so gut zu managen gelernt hat, dass man den Wandel täglich lebt. Und keine Besprechungen mehr braucht. Dass der Wandel kein Projekt ist, das beginnt, realisiert wird und beendet ist. Sondern ein Prozess, der ständig läuft, eine zweite Natur. Dass der Wandel kein Event ist, sondern permanent, eine Grundhaltung. Das ist er nicht.

Nicht in vielen Unternehmen. Da ist die Grundhaltung: Bewahrung, Status, Sicherheit, Unveränderlichkeit. Und der Wandel stört diese Statik. Er unterbricht sie. Ganz anders bei einigen anderen Unternehmen: Wandel ist für sie normal und Stillstand die Ausnahme.

Bei ihnen ist der Wandel in die DNS übergegangen, sie haben das im Blut. Sie haben Veränderungsfähigkeit. Egal, welcher Wandel auch kommt – Digitalisierung, Fusion, Aufkäufe, Reorganisationen: Sie bewältigen das ohne große Meetings, ganz automatisch, das läuft, das ist eingespielt. Man hangelt sich eben nicht von Change-Projekt zu Change-Projekt, sondern bewegt sich im Fluss der ständigen Veränderung. Es wird ständig etwas verändert – was das ist, ist im Grunde egal. Gestern war es dies, heute ist es das – das ändert sich. Die Veränderungsfähigkeit bleibt dieselbe. Das ist ein großes Wort, eine überragende Kompetenz. Deshalb hat sie auch jede(r).

Das sagen zumindest die meisten, wenn sie in den Change-Workshop kommen. Sie kreuzen an: „Ich bin sehr change-affin!“ Auch wenn sie wieder rausgehen aus dem Workshop: „Ich bin sehr change-affin!“ Aber im Feedback-Bogen steht dann: „Wir haben zu wenig Input bekommen für den Change.“ Entschuldigung, aber hallo?

Wie kann man sich selber für change-affin halten und dann wie ein Baby nach der Flasche nach „mehr Input“ schreien? Wer veränderungsfreudig ist, wartet nicht darauf, bis ihm die Info und der Change mundgefüttert werden. Er oder sie klaubt sich die nötigen Informationen selber zusammen. Daran erkennt man unter anderem Veränderungsfähigkeit. Change ist nicht à la carte, Change ist Büfett: Man muss selber raus und sich was aufn Teller holen. Man sucht, was man braucht. Das unter anderem ist Veränderungsfähigkeit.

„Sie haben uns nicht gesagt, was wir tun sollen!“ Das ist ein Vorwurf – aber nicht an den Vorgesetzten, sondern an den Vorwerfenden selbst: Er oder sie klagt sich selbst als nicht change-fähig an und merkt es noch nicht mal. Die Einstellung ist falsch: Konsumhaltung. „Sag mir doch, was ich machen soll!“ Nee, das ist kein Change. Das ist Flaschenfütterung.

Sagt doch tatsächlich ein Manager in einem Change-Workshop zu einem der beiden Trainer: „Ich bin gespannt, was Sie uns zu bieten haben!“ Einer der Trainer erwidert: „Wollen Sie dazu noch Popcorn?“ Wir sind im Change, nicht im Kino. Im Kino darf man sich berieseln lassen. Im Change macht man sich selber zum Hauptdarsteller. Menschen und Manager, die Change können, reden anders.

Sie sagen Dinge wie: „Hört sich interessant an, können wir das auch mal machen? Geht das nicht schneller? Lassen Sie mich mal machen. Probieren wir das doch einfach aus, dann sehen wir schon, ob das funktioniert.  Wer macht mit? Wer könnte uns helfen? Was könnten wir noch alles machen?“

Man muss den ständigen Wandel nicht von Geburt an lieben. Aber man kann es lernen. Wer den Wandel liebt und Wandel zur Haltung erhebt, tut sich leichter. Hat mehr Erfolg. Und deutlich mehr Freude am Leben und an der Arbeit.