Gute Frage, einfache Antwort: Wir alle leben, ob wir wollen oder nicht, seit Neuestem in der VUCA-Welt. In einer Welt voller Volatilität, Unsicherheit, Complexität (der Begriff kommt aus dem Amerikanischen) und Ambiguität. So wird die Welt von heute im modischen Akronym bezeichnet. Warum?
Wegen der digitalen Transformation. Sie transformiert alles und das radikal. Wie radikal, zeigen nicht nur Amazon, Google, Uber und Tesla, sondern auch unerfreuliche Begleiterscheinungen wie die Surplus Humans – ein zynischer neuer Begriff. Schätzungen gehen davon aus, dass allein in den USA rund ein Viertel aller Arbeitnehmer Surplus Humans sind oder demnächst sein werden; wörtlich: überflüssige Menschen. Wie gesagt: Gipfel des Zynismus.
Darunter versteht man jene Menschen, die keinen Job mehr haben und keinen Job mehr haben können und werden, weil Roboter und KI’s, Social Bots, Roboterfabriken und Algorithmen ihnen ihre Arbeit weggenommen haben. Früher hat sowas eine Arbeiterrevolution ausgelöst, Bilderstürme und Fensterstürze. Heute nicht mehr. Weil die Mehrheit es akzeptiert zu haben scheint: Wir leben in der VUCA-Welt. Zu Spencer Tracy’s Zeiten sagte man dazu noch „It’s a mad, mad, mad, mad world“. Was heißt das?
Nicht für die Welt – die ist zu groß für diesen Blog. Auch nicht für die Menschheit, sondern für einen einzigen, ganz besonderen Menschen: dich. Du hast (noch) einen guten Job, du machst ihn gut, aber du bist nicht naiv. Du weißt, dass da draußen eine Transformation tobt und dass die alten Sprüche, die manchmal noch vom Topmanagement herabtröpfeln, Kompost sind.
„Wir warten ab, wie sich das entwickelt!“ Das hören die Tech-Giganten, die Startups und die schneller transformierenden Konkurrenten gerne – und kassieren euch. „Das wird nicht so heiß gegessen wie gekocht!“ Stimmt – der nächste Evolutionsschritt der Transformation wird noch viel heißer serviert als der gegenwärtige. Oder: „Erst mal sehen, was die andern machen.“ Auch nicht zu empfehlen: Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche. Wer will das?
Niemand. Das dämmert gerade vielen: „Wir müssen digitalisieren! Ich muss digitalisieren (weil es sonst im Unternehmen noch nicht viele kapieren)! Ich muss das aufschienen, anpacken und vorantreiben – aber wie? Wo fange ich an? Wie fange ich an?“
Dass die alten Methoden des Change Managements bei der digitalen Transformation nicht funktionieren, wissen inzwischen fast alle und kennen auch die neuen Methoden von Lean Startup und Co-Working über Google Sprint, Proof of Concept, MVP und Fuck-up-Sessions bis hin zur Fail Fast Culture, User Experience, Lunch&Learn oder dem Lab.
Weil die neue Zeit diese neuen Methoden braucht, sagen gerade viele Führungskräfte zu ihren alten, gebräuchlichen, traditionellen, herkömmlichen Seminaren und Workshops dann einfach „Lab“ und wundern sich, dass das nicht funktioniert. Als ob ein Etikett draufzukleben jemals was geändert hätte. Wenn die Katze im Fischladen Junge kriegt, sind es trotzdem keine Fische.
Es reicht nicht, die neuen Methoden des 21. Jahrhunderts zu kennen und zu etikettieren – man sollte sie auch können. Nur wer kann, der kann.
Einige Führungskräfte schauen deshalb Startups über die Schulter: Da sieht man die ganzen neuen Methoden täglich in echt im Einsatz. Der Haken daran: Der Startupper ist schon in der neuen Welt. Für ihn sind die Methoden der neuen Welt selbstverständlich. Und was einem Angehörigen der neuen Welt selbstverständlich ist, kann er einem Mitglied der alten Welt nicht erklären. Man redet aneinander vorbei.
Im besten Fall erklärt der Startupper dir die neuen Methoden so, wie sie bei ihm funktionieren. Bei ihm im Startup. Das heißt aber nicht, dass sie dann bei dir im etablierten Unternehmen funktionieren. Es heißt das Gegenteil. Weil der Startupper zwar die Methoden kennt und kann – aber er kann sie nicht auf deine Firma, Situation und Besonderheiten transferieren und adaptieren (ist auch nicht sein Job – und deiner nicht unbedingt). Diese Transfer- und Adaptionsaufgabe muss jemand übernehmen, der The Best of Both Worlds kennt. Dazu braucht man keinen Stab.
Das kann auch ein(e) Einzelne(r). Wenn mich Unternehmen für diese beiden transformationszentralen Aufgaben rufen, sagen mir die analog-afinen ManagerInnen und Mitarbeiter oft: „Schön, dass Sie unseren Laden so gut kennen und ihn nicht total auf den Kopf stellen.“ Während die digital-afinen ManagerInnen und Mitarbeiter meinen: „Schön, dass Sie der alten Struktur den Startup Spirit und die Agilität beibringen.“ Wenn ich beides höre, weiß ich, dass ich beiden gerecht werde – nur dann funktioniert die Transformation. Manchmal fragen mich Führungskräfte: „Wenn das so einfach ist, warum machen das dann nicht alle Unternehmen so?“
Weil die digitale Transformation zwar mächtig Druck aufbaut, aber jede Führungskraft immer noch die Wahl hat, wie sie darauf reagiert. Und wie bei jeder Wahl gibt es eine gute und eine bessere Wahl. Entschuldige bitte den Kalauer, aber er passt so gut:
Sagt der Walfisch zum Thunfisch: „Was soll ich tun, Fisch?“ Sagt der Thunfisch zum Walfisch: „Du hast die Wahl, Fisch!“
Auch wenn der Wal kein Fisch ist: Du hast die Wahl.