Ich kenne mittlerweile so viele Startupper, die vollkommen von ihrer Idee, ihrem Produkt, ihrem Service überzeugt sind, 20 Stunden am Tag ranklotzen, sich ungeheure Marktchancen eröffnen – aber nicht auf die Leute zugehen können. Das ist fatal.
Wie will eine(r) eine geniale Idee in den Markt bringen, wenn er oder sie nicht mit Investoren, Kunden, Interessenten, Geschäftspartnern, Co-Workern und Mitarbeitenden angemessen und zielorientiert reden kann? Wenn er oder sie noch nicht einmal auf sie zugehen und seinen/ihren Pitch pitchen kann? Ich erlebe das immer wieder.
Da fällt mir zum Beispiel im Internet ein Startup auf, tolle Idee, könnte ich eventuell brauchen, müsste ich aber mehr dazu wissen, also rufe ich frohen Mutes an, weil die Idee wirklich super ist und prima zu meinem Beratungsservice passen würde. Ich habe Glück, tatsächlich habe ich sogar den CEO am andern Ende der Leitung, ich freue mich entsprechend und dann kommt die große Enttäuschung: Der pitcht mich nicht an. Nicht als potenzielle Kundin, Geschäftspartnerin oder Interessentin. Der schweigt mich eher an.
Ich muss ihm förmlich jedes Wort aus der Nase zieh’n. Er erzählt mir nicht begeistert von seiner Idee, meinem Nutzen davon, gemeinsamen Synergie-Effekten. Er ist nicht begeistert. Ich stelle verblüfft fest: Ich bin begeisterter von seinem Produkt, seinem Service als er es ist! Sechs Monate später lese ich: Die sind pleite. Auch. Wie viele andere Startups. Wo liegt derzeit die Flopquote?
Bei 9 von 10? Ich frage mich, wie viele davon nicht an der Idee, Technik, Manpower, den Ressourcen oder den Finanzen scheitern, sondern daran, dass keiner vom Startup auf andere Menschen zugehen und vernünftig mit ihnen reden kann.
Oft sagen mir diese schweigsamen Startupper: „Quatschen ist nicht so meins!“ Ja Mann/Frau – das hast du mir eben am Telefon intensiv demonstriert. Viele sagen mir auch: „Jaja, ich weiß, ich müsste das auch draufhaben, ich müsste das lernen – aber das dauert doch Tage und Wochen!“ Was für ein Unfug! Das dauert exakt – was schätzt du?
Eine Sekunde. Nicht mehr. Ich schicke den Startupper nämlich nicht ins Ich-lerne-reden-Coaching oder den „Workshop für Quasselstrippen, Beginner-Level“. Nein, ich rufe die Helga rein. Oder den Helmut. In jedem Startup gibt es (mindestens) eine Helga oder einen Helmut, die nicht auf den Mund gefallen sind, kontaktfreudig, begeistert vom eigenen Produkt und tadellos artikuliert. Also stellt der CEO für Kunden- und Interessentenanfragen sein Telefon auf Helga/Helmut um. Dann fliegt die Kuh. Erste Maßnahme.
Zweite: Wir satteln das Tandem. Geht der schweigsame CEO zum Kunden- oder Investorengespräch raus in die weite Welt, nimmt er seinen Kontakter (so heißen Helmut/Helga) mit. Eigentlich sollten wir das längst kapiert haben: Das ist der Kern der New Work. Jeder macht das, was er oder sie am besten kann – ganz gleich, wo er oder sie im Organigramm steht. Warum sollte im 21. Jahrhundert ein Chef oder CEO machen, was er nicht kann, nicht mag, nicht lustig findet und nicht möchte? Und wenn er oder sie keinen oder keine im Unternehmen hat, der oder die mit ihm Tandem radeln wollen?
Auch das ist eine Frage, die man/frau im 21. Jahrhundert nicht stellen dürfte. New Work sagt auch: Du kannst, magst, willst nicht oder hast schlicht keine Zeit, auch noch X zu erledigen? Dann lass es! Lass es erledigen. Kauf’s dir ein. Teuer ist heutzutage doch sowieso kaum mehr eine Dienstleistung. Also fahr, flieg und reise ich einmal die Woche zu einem Startup und begleite dessen Gründer oder Gründerin zu Gesprächen mit Investoren, Interessenten, Schlüsselkunden, Geschäftspartnern, wenn es darum geht, Neues anzuleiern, Leute zu begeistern, ins Boot zu holen, das Feuer zu entfachen. Wir teilen uns dann die Arbeit.
Ich mache die Tür auf, wärme die Gesprächspartner an, mach die Leute gespannt, neugierig, offen für das Kommende, reiße in groben Zügen die Benefits der Zusammenarbeit an, skizziere Geschäftsmodelle – und bei allen Detailfragen sprudelt dann der Gründer, die Startupperin los. Denn über die Details können sie ja fließend sprechen. Man kann sich vorstellen, dass so ein Profi-Tandem sehr viel erfolgreicher ist als die gängigen Solo-Drahtesel der Marke „Gründer kriegt den Mund nicht auf“.
Eine Gründerin sagte mir: „Mit dem Tandem haben wir unsere Erfolgsquote verdoppelt.“ Ein Startupper meinte: „Wenn wir das Tandem einsetzen, halten die Kontakte länger und sind ergiebiger.“ Das muss so sein, denn nach dem ersten Gespräch lege ich natürlich nach und halte die Beziehung über den Erstkontakt hinaus wach und aktiv. Kommunikation ist 90 Prozent des Erfolges. Auch in der New Economy. Lass reden!